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Wann gibt es ein Ermittlungsverfahren ohne vorherige Anzeige?


10.01.2024
Es gibt Situationen, in denen ein Ermittlungsverfahren ohne vorherige Anzeige eingeleitet wird. Dies mag für viele überraschend sein, da in den meisten Fällen eine Straftat durch eine formelle Anzeige gemeldet wird. Dieser Artikel beleuchtet die Gründe und Umstände, unter denen Ermittlungsverfahren ohne vorherige Anzeige in Gang gesetzt werden.
1. Wann wird ermittelt?
Sobald Strafverfolgungsbehörden Kenntnis von einer möglicherweise begangenen Straftat haben, müssen Ermittlungen aufgenommen werden. Dies ist der sogenannte Legalitätsgrundsatz und in § 151 Abs. 2 StPO geregelt.
2. Wie erfährt die Staatsanwaltschaft oder Polizei von Straftaten?
Die Strafverfolgungsbehörden können entweder durch Hinweis eines Dritten, oder von selbst auf Anhaltspunkte für eine Straftat stoßen.
a) Strafanzeige
Der wohl bekanntere Fall ist die "Strafanzeige". Hier zeigt eine Person der Strafverfolgungsbehörde (meist der Polizei) an, dass sich ein bestimmter Sachverhalt abspielt oder ereignet hat. Aufgrund dieses Hinweises ermittelt die Polizei dann, ob tatsächlich eine Straftat begangen wurde.
b) Kenntnis ohne Anzeige im Rahmen anderer Ermittlungen
In vielen Fällen werden aber auch Ermittlungen ohne die Anzeige eines Dritten aufgenommen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Strafverfolgung während eines anderen Ermittlungsverfahrens auf weitere Anhaltspunkte für Straftaten stößt.
Häufig ist dies bei Mobiltelefonbeschlagnahmungen der Fall.
Beispiel: Die 15-jährige A hat ein Mobiltelefon, welches (wie sie nicht weiß) regelmäßig von ihrem Vater V kontrolliert wird. Eines Tages übersendet der Erwachsene B einige Nacktfotos. Der Vater V ist empört und zeigt den Vorfall bei der Polizei an.
Im Rahmen der Ermittlungen beschlagnahmt die Polizei das Mobiltelefon von B. Bei der Auswertung des Mobiltelefons stellt sich heraus, dass B regelmäßig Kokain von C kauft. Hier wird unmittelbar ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das BtMG gegen C eröffnet werden.
Zusätzlich ist B Mitglied in eine Whatsappgruppe mit 20 weiteren Personen. Alle 20 Personen stellen in diese Gruppe regelmäßig verbotene extremistische Inhalte und verbotene "Sticker" ein. Auch hier werden ohne Anzeige eines Dritten unmittelbar Ermittlungsverfahren gegen die anderen Personen der Whatsappgruppe eröffnet.
Dies kann dazu führen, dass auch bei den anderen Personen zu Beweiszwecken die Mobiltelefone oder Computer beschlagnahmt werden. Auch bei dieser Auswertung können sich Anhaltspunkte für neue Ermittlungsverfahren ergeben.
c) zufällige Kenntnis
Ebenfalls denkbar ist es, dass die Ermittlungsbehörden durch Zufall Kenntnis erlangen und ein Ermittlungsverfahren einleiten.
Beispiel: Die Polizeibeamten halten nachts im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle den A an. An ist offensichtlich alkoholisiert. Letztlich ergibt sich ein Alkoholwert von 1,8 Promille. Ohne Strafanzeige eines Dritten wird ein Ermittlungsverfahren wegen Trunkenheit im Verkehrs § 316 StGB eingeleitet.
Fazit:
Insgesamt zeigt sich, dass es verschiedene Szenarien gibt, unter denen ein Ermittlungsverfahren ohne vorherige Anzeige eingeleitet werden kann. Die Strafverfolgungsbehörden haben das Recht und die Pflicht, in bestimmten Fällen eigenständig zu handeln, um die öffentliche Sicherheit zu schützen und Straftaten zu verhindern oder zu verfolgen. Praktisch am häufigsten ist wohl der Fall, dass die Strafverfolgungsbehörden im Rahmen anderer Ermittlungen auf Anhaltspunkte für weitere Straftaten stoßen.
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