Der Verlust eines nahen Angehörigen ist eine emotionale und oft herausfordernde Zeit. Neben der Trauer stellt sich häufig auch die Frage der Erbfolge. Besonders wenn der Vater stirbt und die Mutter weiterhin lebt, möchten viele wissen, wer rechtlich als Erbe bestimmt ist und wie das Erbrecht in Deutschland geregelt ist.
I. Was passiert rechtlich beim Tod?
Beim Tod des Vaters geht dessen Vermögen (auch Schulden) automatisch auf den oder die Erben über. Dies geschieht zeitlich unmittelbar mit dem Tod und umfasst beinahe alle Rechtspositionen als Gesamtheit.
II. Wer wird Erbe?
Die Frage ist häufig: Wer ist eigentlich Erbe geworden? Ganz maßgeblich ist hierbei die Frage, ob der Vater seine Erbfolge durch Testament oder Erbvertrag geregelt hat.
1. Es gibt ein Testament oder Erbvertrag – Einfluss auf die Erbfolge
Wenn der Vater ein wirksames Testament oder Erbvertrag errichtet hat, dann richtet sich die Erbfolge nach dieser letztwilligen Verfügung. Das deutsche Erbrecht erlaubt es, den oder die Erben frei zu wählen. Obwohl der Vater eine Familie hat, könnte er als Erben also auch den FC Bayern München, den Nachbarn oder den Freistaat Bayern einsetzen.
a) Sonderfall "Berliner Testament
Beim "Berliner Testament" setzen sich Vater und Mutter im ersten Erbfall typischerweise gegenseitig als Alleinerben ein. Dies bedeutet, dass beim Berliner Testament beim Tod des Vaters die Mutter dann alleine erbt. Die Kinder haben in diesem Fall regelmäßig Pflichtteilsansprüche und sollten sich anwaltlichen Rat einholen.
b) Sonderfall lebzeitige Schenkungen
Alles was der Vater bereits lebzeitig verschenkt hat, wird nicht mehr vererbt, da es nicht mehr im Vermögen des Vaters war. Die Kinder und die Mutter haben hier möglicherweise sogenannte "Pflichtteilsergänzungsansprüche".
2. Es gibt kein Testament oder Erbvertrag – Gesetzliche Erbfolge
Hat der verstorbene Vater kein Testament hinterlassen, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Dabei gilt die folgende Erbregelung:
a) Ehepartner und Kinder als gesetzliche Erben
Die Mutter als überlebender Ehepartner hat ein gesetzliches Erbrecht. Die Höhe des Erbteils hängt vom Güterstand der Ehe ab:
Zugewinngemeinschaft (der häufigste Güterstand, wenn nichts anderes vereinbart wurde): Die Mutter erhält die Hälfte des Nachlasses, die andere Hälfte wird unter den Kindern aufgeteilt.
Gütertrennung: Neben ein oder zwei Kindern vorhanden, erben die Mutter und jedes Kind zu gleichen Teilen. Bei drei und mehr Kindern erbt die Mutter 1/4 und die Kinder erhalten den Rest zu gleichen Teilen.
Gütergemeinschaft: Hier erbt die Mutter nur 1/4 vom Anteil des Vaters am Gesamtgut und den Rest erben die Kinder zu gleichen Teilen.
b) Erbberechtigung der Verwandten
Neben dem Ehegatten erben auch die Verwandten des Vaters. Dies sind in erster Ordnung die Kinder des Vaters. Falls keine Kinder vorhanden sind, erben stattdessen die Eltern des Verstorbenen oder dessen Geschwister. Hier gelten andere als die oben dargestellten Erbquoten.
c) Besonderheiten bei Patchwork-Familien
Adoptierte Kinder erben wie leibliche Kinder. Stiefkinder hingegen sind keine gesetzlichen Erben, es sei denn, sie wurden adoptiert.
III. Was passiert, wenn der Verstorbene Schulden hinterlässt?
Ein Erbe bedeutet nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Wenn der Verstorbene Schulden hatte, gehen diese auf die Erben über. In diesem Fall gibt es die Möglichkeit, das Erbe innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis der Erbschaft auszuschlagen. Bei Schulden kann in Einzelfällen die Erbannahme auch angefochten werden. Als letzter Rettungsmöglichkeit verbleibt die Einleitung eines Nachlassinsolvenzverfahrens.
IV. Pflichtteil – Was steht Kindern und Ehepartnern zu?
Sollten Ehepartner oder Kinder durch ein Testament enterbt worden sein, haben sie dennoch Anspruch auf ihren Pflichtteil. Dieser beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und kann in Geld eingefordert werden.
Fazit
Die Erbfolge ist ein komplexes Thema, das ohne klare Regelungen zu Streitigkeiten in der Familie führen kann. Eine frühzeitige Beratung durch einen spezialisierten Anwalt für Erbrecht hilft, Missverständnisse zu vermeiden und den Nachlass optimal zu regeln.
Die Erbfolge richtet sich in erster Linie nach dem Testament. Wenn die Kinder oder die Mutter von der Erbschaft ausgeschlossen sind, können diese aber regelmäßig den Pflichtteil einfordern.
Ohne Testament richtet sich die Erbfolge nach dem Gesetz. Ohne Ehevertrag erbt die Mutter (Ehegattin des Vaters) die Hälfte und die Kinder anteilig den Rest.
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