Die Pflicht, als Zeuge bei der Polizei auszusagen, hat sich im Laufe der Zeit geändert und hängt von verschiedenen Faktoren ab. In diesem Artikel werden wir die aktuellen rechtlichen Bestimmungen in Deutschland betrachten und Ihnen einen Überblick darüber geben, was Sie als Zeuge bei der Polizei erwartet.
Die frühere Gesetzeslage
Bis zum 23. August 2017 galt in Deutschland eine Regelung, nach der Zeugen lediglich bei staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen erscheinen mussten. Die Polizei hatte lediglich die Möglichkeit, Zeugen darauf hinzuweisen, dass sie im Falle der Verweigerung auf ihre Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht hinwirken würde. Dies führte zu unnötigem Ressourcenverbrauch und Verfahrensverzögerungen, die dem Beschleunigungsgrundsatz im Strafverfahren entgegenstanden.
Die aktuelle Gesetzeslage
Am 24. August 2017 trat eine Änderung in Kraft (BGBl. 2017 I 3202), die die Pflichten von Zeugen bei der Polizei veränderte. Seit 24.08.2017 sind Zeugen verpflichtet, auf Ladung vor Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen, wenn der Vernehmung und Ladung ein konkreter Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt. Dies bedeutet, dass Sie als Zeuge bei der Polizei erscheinen und aussagen müssen, wenn die Staatsanwaltschaft dies anordnet. Wenn dies nicht der Fall ist und Sie nicht erscheinen, so wird dies aber bei der darauf folgenden Ladung der Fall sein.
Wer sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft?
Die Erscheinens- und Aussagepflicht bei der Polizei ist auf Zeugenvernehmungen beschränkt, die von einer Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft geleitet werden. Die genaue Definition dessen, wer als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft gilt, wird durch § 152 Abs. 2 GVG in Verbindung mit den jeweiligen Rechtsverordnungen der Landesregierungen oder der Landesjustizverwaltungen festgelegt. Dies soll sicherstellen, dass die Vernehmung von qualifiziertem Personal durchgeführt wird.
Flexibilität bei der Ladung zur Zeugenvernehmung
Die Ladung zur Zeugenvernehmung durch die Polizei kann sowohl von der Polizei selbst als auch von der Staatsanwaltschaft erfolgen. Diese Flexibilität ermöglicht eine effiziente Sachbehandlung und berücksichtigt die führende Rolle der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Sie als Zeuge aufgrund unterschiedlicher rechtlicher Konsequenzen darauf hingewiesen werden müssen, ob es sich um eine von der Staatsanwaltschaft initiierte Vernehmung handelt oder ob die Polizei diese für notwendig erachtet.
Ausnahmen und Schutzmaßnahmen
In einfach gelagerten Fällen kann die Polizei auf eine förmliche Ladung verzichten und stattdessen den Zeugen um eine schriftliche Stellungnahme bitten.
Bei der Vernehmung von Zeugen gelten die gleichen Schutzmaßnahmen wie bei gerichtlichen Vernehmungen. Dies beinhaltet die Prüfung der besonderen Schutzbedürftigkeit des Zeugen, die Belehrung über die Wahrheitspflicht, die Einhaltung der Belehrungspflichten und die Möglichkeit der Gegenüberstellung. Darüber hinaus werden Videoaufzeichnungen und Videokonferenzen in Betracht gezogen, um den Schutz des Zeugen und seiner Angehörigen zu gewährleisten.
Verweigerungsrechte
Es ist wichtig zu wissen, dass es bestimmte Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechte gibt. Bestimmte Personen, wie der Verlobte des Beschuldigten, Ehegatten, Lebenspartner, Angehörige in gerader Linie oder Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder verschwägert sind berechtigt, das Zeugnis zu verweigern. Nachdem nichts gesagt werden muss, muss der Zeuge dann auch nicht erscheinen. Ein Hinweis an die Polizei, dass von diesem Recht Gebrauch gemacht wird, ist sinnvoll.
Darüber hinaus haben Berufsgeheimnisträger wie Geistliche, Verteidiger, Ärzte und andere das Recht, das Zeugnis zu verweigern, wenn es sich um Informationen handelt, die ihnen in ihrer beruflichen Eigenschaft anvertraut wurden.
Ein Zeuge kann die Auskunft auch auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Da hier nur einzelne Fragen nicht beantwortet werden müssen, ist ein Erscheinen in der Regel notwendig.
Fazit
Einer Vorladung zur Aussage als Zeuge bei der Polizei müssen und sollten Sie Folge leisten, wenn Sie kein Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht haben. Selbst wenn der Anordnung kein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde lieg, so wird dies dann bei der nächsten Ladung der Fall sein. Wenn Sie dann nicht erscheinen, kann ein Ordnungsgeld festgesetzt werden.
Machen Sie sich bewusst, dass Sie als Zeuge nicht im Fokus der Ermittlungen stehen, sondern der Strafverfolgung bei der Aufklärung helfen. Wenn ein bestimmter Termin z.B. wegen Urlaubsabwesenheit nicht möglich ist, so wird sich bei höflicher Nachfrage bei der Polizei in der Regel ein anderer Termin finden lassen. Oft ist auch eine schriftliche Stellungnahme möglich.
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