Der Pflichtteil ist zurecht umstritten. In der heutigen Zeit ist mehr als fraglich, ob z.B. Kinder, die seit 30 Jahren keinen Kontakt zu Ihren Eltern haben, eine Mindestbeteiligung am Nachlass erhalten müssen. Strategien um den Pflichtteil zu umgehen sind daher hochaktuell und von großem Interesse. In diesem Artikel werden wir klären, ob eine Leibrente hierbei helfen kann.
Pflichtteil und seine Bedeutung
Der Pflichtteil ist im deutschen Erbrecht ein gesetzlich verankerter Anspruch, den nahe Angehörige (Kinder, Ehepartner) gegenüber dem Erblasser haben. Er garantiert diesen Personen auch dann einen bestimmten Teil des Erbes, wenn sie im Testament des Erblassers nicht bedacht wurden. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte der gesetzlichen Erbquote und errechnet sich aus dem Wert des beim Tod vorhandenen Vermögens.
Je geringer das Vermögen beim Erbfall, desto geringer ist alosder Pflichtteil.
Die Leibrente als Pflichtteils-Umgehungs-Strategie
Häufig werden vor allem Immobilien bereits lebzeitig verschenkt, um den späteren Nachlasswert und damit den Pflichtteil gering zu halten. Nachteil hierbei ist, dass oft der größte Vermögenswert schon zu Lebzeiten weggegeben wird. Wenn dieser Vermögenswert nach der Schenkung benötigt wird (z.B. für eine Mietwohnung, weil die Rente nicht ausreicht), ist er nicht mehr verfügbar. Denn die lebzeitige Schenkung kann nicht ohne weiteres widerrufen werden.
Um angesichts steigender Lebenshaltungskosten und der nicht in gleichem Maße steigenden Renten einer drohenden Altersarmut zu entgehen, wird oft die Zahlung einer Leibrente als Gegenleistung vereinbart. Bei einer Leibrente handelt es sich um eine Vereinbarung, bei der sich der Beschenkte verpflichtet, dem Schenker regelmäßige Zahlungen zu leisten, meistens bis zu dessen Lebensende. Auf den ersten Blick scheint dies eine Methode zu sein, den Pflichtteil geringer zu halten, jedoch sind dabei einige rechtliche Aspekte zu beachten.
Vorteile der Leibrente:
Finanzielle Absicherung des Schenkers.
Die 10 Jahres Frist zur Abschmelzung der Pflichtteilsergänzungsansprüche beginnt (anders als bei einem Nießbrauch) zu laufen.
Im Falle von Pflichtteilsergänzungsansprüchen wird die Leibrente bei der Berechnung des Schenkungswerts als Gegenleistung abgezogen.
Nachteile einer Leibrente:
Die Leibrente ist in der Regel einkommensteuerpflichtig.
Der Schenker erhält Vermögen, welches er verbrauchen muss, damit es beim Erbfall nicht im Nachlass ist und pflichtteilsrelevant wird.
Ein Verzicht auf Leibrentenzahlungen stellt eine pflichtteilsrelevante Schenkung dar.
Leibrentenzahlungen müssen ggf. für Pflegeheimkosten verwendet werden.
Fazit
Die Übergabe hoher Vermögenswerte wie Immobilien gegen die Zahlung einer Leibrente kann eine Strategie zur Umgehung von Pflichtteilsansprüchen sein. Der Schenker ist finanziell abgesichert. Die Leibrente sollte so bemessen sein, dass der Betrag auch verbraucht wird. Diese Vorteile werden u.a. durch steuerliche Nachteile erkauft.
Ob die Leibrente für Sie eine sinnvolle Strategie zur Umgehung von Pflichtteilen ist, kommt jedoch immer auf die individuelle Situation an. An jedem juristischen Vorteil hängt in der Regel ein Preisschild. Wir empfehlen Ihnen, professionellen rechtlichen Rat von einem erfahrenen Erbrecht Anwalt einzuholen.
In Kempten, Memmingen und Illertissen stehen Ihnen unsere auf Erbrecht spezialisierten Anwälte gerne für Besprechungstermine zur Verfügung. Überregional ist auch eine Beratung als Telefontermin oder Online-Meeting möglich.