Haus überschreiben an nur ein Kind – Was Sie wissen müssen
Die Entscheidung, ein Haus an nur ein Kind zu überschreiben, ist eine wichtige und oft emotionale Angelegenheit. Sie wirft sowohl rechtliche als auch zwischenmenschliche Fragen auf, die sorgfältig bedacht werden müssen. In diesem Artikel erfahren Sie, welche rechtlichen, steuerlichen und familiären Aspekte Sie beachten sollten, um die Übertragung Ihres Hauses rechtssicher und fair zu gestalten.
1. Warum das Haus überschreiben?
Mit dem Begriff "Haus überschreiben" ist landläufig gemeint, dass die oder der Eigentümer einem Dritten das Eigentum an dem Haus unentgeltlich überträgt, also schenkt. Häufige Motive hierfür sind:
Die Vermeidung von Erbschaftssteuer.
Die Umgehung von Pflichtteilsansprüchen.
Um zu verhindern, dass das Haus zur Deckung von Pflegekosten herangezogen wird.
2. Gründe für die Überschreibung an nur ein Kind
Es gibt verschiedene Gründe, warum Eltern sich dafür entscheiden, ein Haus an nur eines ihrer Kinder zu überschreiben. Dazu gehören:
Anerkennung von Leistungen:
Wenn ein Kind sich um die Pflege der Eltern kümmert, kann die Übertragung des Hauses eine Anerkennung sein.
Erhalt in der Familie:
Ein Kind hat vielleicht ein besonderes Interesse am Haus, während die anderen Kinder es nicht nutzen oder verkaufen würden. Die Eltern möchten, dass das Haus in der Familie bleibt.
Vermeidung von Erbstreitigkeiten:
Durch eine frühzeitige Regelung kann Klarheit geschaffen werden. Wenn ein Haus in einer Erbengemeinschaft fällt, kann dieses regelmäßig durch eine Teilungsversteigerung verkauft werden.
Umgehung von Pflichtteilsansprüchen
In einigen Konstellationen ist es so, dass eines der Kinder zum Elternteil keinerlei Kontakt hat. Trotzdem wird es beim Erbfall mindestens pflichtteilsberechtigt sein. Durch eine Überschreibung zu bestimmten Bedingungen kann der Pflichtteil kleiner gehalten werden.
3. Rechtliche Grundlagen der Überschreibung
Die Übertragung eines Hauses zu Lebzeiten erfolgt in der Regel durch eine Schenkung. Dabei sind folgende rechtliche Punkte zu beachten:
3.1. Notarielle Beurkundung
Die Überschreibung eines Hauses bedarf der notariellen Beurkundung. Der Notar erstellt den Vertrag und erklärt alle rechtlichen Konsequenzen.
3.2. Pflichtteilsansprüche der anderen Kinder
Wird das Haus an nur ein Kind übertragen, haben die übrigen Kinder dennoch einen Anspruch auf ihren Pflichtteil. Dieser Pflichtteil bezieht sich auf den Wert des Hauses und wird erst im Erbfall relevant. Es gibt bei der Schenkung selbst keine lebzeitigen Ausgleichsansprüche anderer Kinder!
3.3. Rückübertragungsrechte
Eltern können sich ein sogenannte bedingte Rückübertragungsrecht vorbehalten. Dieses greift beispielsweise, wenn das Kind in finanzielle Schwierigkeiten gerät, das Haus verkauft werden soll oder das Kind vor den Eltern verstirbt. In der Regel ist es für die Übergeber ratsam, diese Rückübertragungsrechte zu vereinbaren.
4. Steuerliche Aspekte
Bei der Schenkung eines Hauses spielt die Schenkungssteuer eine wichtige Rolle. Es gelten folgende steuerliche Rahmenbedingungen:
4.1. Freibeträge
Jedes Kind hat einen Freibetrag von 400.000 Euro von jedem Elternteil. Liegt der Schenkungswert unter diesem Betrag, fällt keine Schenkungssteuer an. Ist der Wert höher, wird der übersteigende Betrag versteuert.
Beispiel:
Ein Haus ist 800.000,00 € wert. Die Eltern sind zu je 1/2 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Bei Schenkung des Hauses schenkt jedes Elternteil nur 400.000 €, es fallen keine Steuern an.
Wenn dagegen nur die Mutter alleine im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen ist, dann würde das Kind 800.000 € von ihr alleine geschenkt erhalten. Es fielen Steuern an.
Tipp:
Die Mutter könnte dem Kind nur 1/2 der Immobilie übertragen. Nach 10 Jahren entsteht der Freibetrag neu und die Mutter könnte die andere Hälfte überschreiben.
Die Mutter könnte auch zunächst dem Vater 1/2 der Immobilie schenken. Danach schenkt der Vater diesen Hausanteil weiter, sodass auch dessen Freibetrag genutzt wird. Dies nennt sich "Kettenschenkung".
4.2. Steuerklassen und Steuersätze
Kinder gehören zur Steuerklasse I, für die günstige Steuersätze gelten. Diese reichen von 7 % bis 30 %, abhängig vom Wert der Schenkung.
4.3. Vorbehalt eines Nutzungsrechts
Um Steuerlasten zu reduzieren, können Eltern sich ein Nießbrauchrecht oder ein Wohnungsrecht vorbehalten. Dieses Recht senkt den steuerlichen Wert der Schenkung, da das Kind das Haus nicht voll nutzen kann. Ein Wohnungsrecht berechtigt regelmäßig nur dazu, weiter im Haus zu wohnen. Ein Nießbrauchrecht berechtigt auch dazu, das Haus zu vermieten und die Mieten zu erwirtschaften.
Achtung!
Bei Vorbehalt eines umfassenden Nutzungsrechts beginnt nach der Rechtsprechung die 10 Jahresfrist der Pflichtteilsergänzungsansprüche nach § 2325 Abs. 3 BGB nicht zu laufen. Wenn Pflichtteilsansprüche klein gehalten werden sollen, dann darf kein Nießbrauch oder ein umfassendes Wohnungsrecht vereinbart werden.
Tipp: Notare sehen hier oft vor, dass ein Nutzungsrecht nur an einigen Räumen (z.B. dem Schlafzimmer) vorbehalten bleibt. Nach überwiegender Ansicht wird die 10 Jahresfrist damit anlaufen. Die Eltern sind damit zumindest etwas abgesichert.
Bei Vorbehalt eines Nießbrauchrechts kann der Sozialhilfeträger auf dieses zugreifen. Wenn die Immobilie gerade nicht zur Deckung der Pflegekosten vermietet werden soll, dann ist ein Nießbrauchrecht nicht sinnvoll.
5. Familiäre Aspekte und Fairness
Die Entscheidung, ein Haus an nur ein Kind zu überschreiben, kann in der Familie zu Konflikten führen. Daher sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:
5.1. Offene Kommunikation
Transparenz ist entscheidend, um Missverständnisse und Streit zu vermeiden. Es ist ratsam, zunächst die Ansichten der Familienmitglieder zu Zukunft des Hauses zu fragten. Wenn sich hier unüberbrückbare Differenzen auftun (jeder der Kinder will das Haus), wird eine Lösung schwierig. Wenn dagegen alle Kinder einverstanden sind, dass ein Kind das Haus alleine bekommt, dann braucht es keine Heimlichtuerei.
5.2. Ausgleichszahlungen
Um Benachteiligungen der anderen Kinder zu vermeiden, können Ausgleichszahlungen vereinbart werden. Diese sollten im notariellen Vertrag festgehalten werden.
Häufig fragen die Beteiligten nach einer "fairen" Lösung. Das Gesetz sieht aber gerade keine lebzeitigen Ausgleichsansprüche vor, sodass das Gesetz keine "fairen" Rahmenbedingungen vorgibt.
Letztlich ist es Verhandlungssache der Beteiligten, ob und in welcher Höhe Ausgleichszahlungen an die anderen Kinder erfolgen.
In der Praxis ist dies meist kein rechtliches Problem, sondern ein Liquiditätsproblem. Oft kann der Beschenkte nicht die Ausgleichszahlungen leisten, die er oder sie gerne leisten würde.
5.3. Was tun wenn man sich nicht einig wird?
Wenn die Beteiligten keine Lösung finden, dann gibt es letztlich nur zwei Möglichkeiten:
Die Überschreibung wird nicht weiterverfolgt.
Dies führt dazu, dass der Familienfrieden nicht weiter leidet. Die Eltern errichten ohne Kenntnis der Kinder ein Testament. Der Streit folgt dann im Erbfall.
Die Überschreibung wird ohne das andere Kind umgesetzt.
Wenn das Haus überschrieben wird, dann bekommen Dritte dies regelmäßig nicht mit. Die Eltern können das Haus also auch ohne irgendeine Ausgleichszahlung überschreiben. Andererseits können sie auch einen gewissen Ausgleichsbetrag ansagen. Entweder stimmt das andere Kind zu, oder es ist im Erbfall auch Pflichtteilsergänzungsansprüche angewiesen. Diese können je nach Konstellation bei Null liegen. Häufig macht das andere Kind daher dann doch zähneknirschend mit, um nicht leer auszugehen.
Eher nicht zu empfehlen ist es, das Haus an mehrere Kinder zu übertragen. Dies gilt insbesondere, wenn diese sich nicht verstehen. Denn unterschiedliche Vorstellungen können sehr schnell zum Streit führen. Gesetzlich ist die Verwaltung von Bruchteilseigentum nur spärlich geregelt. Wer hier Streit sucht, findet ihn sehr leicht.
5. Tipps für eine rechtssichere und faire Überschreibung
Rechtsberatung einholen:
Lassen Sie sich von einem Anwalt für Erbrecht oder einem Notar umfassend beraten. Wir erleben häufig, dass Eltern sich kaum weitergehende Gedanken machen. Als Grund für die Überschreibung wird häufig genannt: "Der Nachbar hat das auch gemacht; bei uns war das früher auch so; der Steuerberater hat das gesagt; das macht man halt so."
Jede Familie und jede Konstellation ist aber anders. Das Haus ist oft der ganz maßgebliche Vermögensgegenstand. Faktisch das ganze Vermögen wegzugeben muss gut überlegt sein.
Merke: Das Haus ist schnell weg, aber selten wieder da.
Individuelle Lösungen finden:
Jede Familie ist einzigartig. Passen Sie die Überschreibung an Ihre persönliche Situation an.
Es gibt Konstellationen, in denen die anderen Kinder ganz maßgeblich finanziell gleich behandelt werden wollen.
Es gibt aber auch viele Familien, da freuen sich die Geschwister, wenn ein Kind das Haus in der Familie erhält und bestehen nicht auf eine finanzielle Gleichbehandlung. Die Eltern befürchten aber genau das Gegenteil und überschreiben die Immobilie heimlich. Hier kann es dann zu erheblichen Irritationen auf emotionaler Ebene kommen. Die Überschreibung wird so gedeutet, dass die Eltern ein Kind klar emotional bevorzugen. Diese Zerwürfnisse sind im Nachhinein oft sehr viel schwieriger zu kitten.
Langfristige Perspektive einnehmen:
Denken Sie daran, wie sich Ihre Entscheidung langfristig auf die Familienbeziehungen auswirken kann. Es ist oft nicht sinnvoll, den Rest des Lebens im Familienstreit zu verbringen, nur damit das Haus erhalten bleibt. Es muss auch mit der restlichen Lebensplanung vereinbar sein, das maßgebliche Vermögen aus der Hand zu geben. Das Haus kann dann z.B. nicht mehr verkauft werden, um in eine kleinere, altersgerechte Wohnung zu ziehen.
Fazit
Die Überschreibung eines Hauses an nur ein Kind ist rechtlich ohne weiteres möglich. Sie erfordert aber eine sorgfältige Abwägung rechtlicher, steuerlicher und familiärer Aspekte. Mit einer durchdachten Planung und professioneller Beratung können Sie sicherstellen, dass Ihre Entscheidung im Sinne aller Beteiligten getroffen wird.
Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen als erfahrene Kanzlei im Erbrecht gerne zur Verfügung. Eine Erstberatung kostet bei uns 250,00 € inkl. USt. Termine sind in unseren Kanzleiräumen in Memmingen, Kempten und Illertissen sowie telefonisch oder per online-Meeting möglich.
Eine Erbengemeinschaft entsteht, wenn eine verstorbene Person (Erblasser) mehrere Erben hinterlässt. Den Miterben ist häufig unklar, wer den Erbschein beantragen kann und wer ihn bekommt.
Die Entscheidung, ein Haus an nur ein Kind zu überschreiben, ist eine wichtige und oft emotionale Angelegenheit. Sie wirft sowohl rechtliche als auch zwischenmenschliche Fragen auf, die sorgfältig bedacht werden müssen. In diesem Artikel erfahren Sie, welche rechtlichen, steuerlichen und familiären Aspekte Sie beachten sollten, um die Übertragung Ihres Hauses rechtssicher und fair zu gestalten.
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