Die Frage, wie man den Nachlass eines Verstorbenen ohne Erbschein ermitteln kann, beschäftigt viele Menschen in einer schwierigen Zeit. Ein Erbschein ist zwar oft notwendig, aber es gibt auch Wege, den Nachlass zu klären, ohne Erbschein. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Schritte Sie unternehmen können, um den Nachlass zu ermitteln, wenn Sie (noch) keinen Erbschein besitzen.
1. Erster Schritt: Klären Sie die erbrechtliche Situation
Bevor Sie versuchen den Nachlass zu ermitteln, ist es wichtig, die erbrechtliche Situation zu klären. Versuchen Sie zu ermitteln, ob es ein Testament gibt und wer die in Betracht kommenden gesetzlichen Erben sind.
Von entscheidender Bedeutung ist die Benachrichtigung des Nachlassgerichts. Das Nachlassgericht wird den oder die Erben früher oder später per Brief benachrichtigen.
Gab es noch keine Benachrichtigung, so wird regelmäßig noch unklar sein, ob Sie überhaupt Erbe werden. Sie werden von Banken oder öffentlichen Stellen keine Auskunft erhalten. Ggf. teilen Ihnen aber Bekannte oder Angehörige des Erblassers etwas zur Vermögenslage mit.
Wenn Sie ein Schreiben von Nachlassgericht erhalten haben, dass Sie als Erbe in Betracht kommen, dann können Sie mit diesem Brief Informationen sammeln.
2. Schritt: Informationen sammeln
Sie haben einen Brief des Nachlassgerichts, dass Sie als Erbe in Betracht kommen. Ab Erhalt dieses Briefs läuft regelmäßig die 6 Wochen Frist, in der Sie die (möglicherweise überschuldete Erbschaft) ausschlagen können und müssten. Jetzt ist Eile geboten.
Gleichzeitig können Sie sich nun unter Vorlage dieses Briefs an verschiedene Personen und Stellen wenden, um Informationen zu erhalten. In Betracht kommen:
Kreditinstitute: Werden Sie mit dem Brief bei Kreditinstituten in der Nähe des Erblassers vorstellig und fragen Sie, ob der Erblasser im Haus Guthaben hat. Wenn die Bank einen Erbschein sehen will verweisen Sie auf das BGH Urteil XI ZR 440/15 und dass kein Geld den Besitzer wechselt, sondern Sie lediglich eine Information wollen. Ein Schaden kann nicht entstehen.
Gesetzliche Betreuer: Sollte der Erblasser vor seinem Tod unter gesetzlicher Betreuung gestanden haben, dann weiß der Betreuer in der Regel über die Vermögensverhältnisse Bescheid.
Angehörige oder Bekannte des Erblassers: Nahestehende Personen haben in der Regel grobe Kenntnis von den Vermögensverhältnissen. Beachten Sie, dass nicht jede Information der Wahrheit entsprechen muss.
Akteneinsicht in die Nachlassakte: Ein Rechtsanwalt kann für Sie Einsicht in die Nachlassakte nehmen. Hier finden sich häufig Informationen zu Grundbesitz oder auch schon Schreiben von Gläubigern oder Kreditinstituten, die um Mitteilung der Erben bitten.
Räumlichkeiten betreten: Als Erbe sind Sie auch berechtigt, Räumlichkeiten des Erblassers zu betreten und können nach Bankunterlagen, Kontoauszügen und anderen Dokumenten suchen. Wenn es mehrere Erben gibt, sollten Sie Räumlichkeiten zusammen betreten, um spätere Diebstahlsvorwürfe auszuschließen.
Hierzu noch 3 wichtige Ratschläge:
1. Prüfen Sie die Lebenssituation des Verstorbenen
Wenn Ihnen die Verhältnisse des Erblassers z.B. aufgrund räumlicher Distanz und entfernter Familienverhältnisse weitestgehend unbekannt sind und Sie Angst vor Schulden haben, prüfen Sie die allgemeinen Lebensverhältnisse.
Wenn der Erblasser zur Miete in einer 1 Zimmer Messiwohnung in keinem guten Stadtteil gewohnt hat, lebenslang nie gut verdient hat und ein 18 Jahre altes rostiges Auto fuhr, spricht dies eher gegen ein Millionenvermögen. Dennoch kann ein Sparguthaben vorhanden sein.
Wenn der Erblasser z.B. lebzeitig einen gut bezahlten Job hatte und in einem eigenen gut gepflegten Haus wohnte, spricht dies nicht für den Nachlass übersteigende Schulden, da das Haus dann eher schon weg wäre.
2. Ball flach halten
Die Annahme der Erbschaft kann auch "konkludent", d.h. durch schlüssiges Handeln erfolgen. Wenn Sie innerhalb der 6 Wochen Frist anfangen die Wohnung zu entrümpeln, Gegenstände verkaufen oder einen Erbscheinsantrag stellen, dann nehmen Sie unter Umständen die Erbschaft bereits an. Beschränken Sie sich auf Informationsbeschaffung und stellen Sie gegenüber Dritten klar, dass Sie den Nachlass vorerst nur sichten. Hier zeigt sich die Krux: Viele Stellen werden Ihnen ohne Erbschein nicht die Informationen geben wollen, die Sie für Ihre Entscheidung zur Erbschaftsannahme brauchen. Stellen Sie den Erbscheinsantrag, nehmen Sie die Erbschaft aber schon an.
3. Loswerden geht besser als wieder holen
Beim Erben schwingt immer die Angst vor etwaig geerbten Schulden mit. Anwälte empfehlen aus folgendem Grund eine unbekannte Erbschaft nach Informationsbeschaffung eher anzunehmen:
a)
Die allermeisten Erbschaften sind nicht überschuldet, sondern werthaltig.
b)
Wenn eine Erbschaft aus Angst vor Schulden ohne vernünftige Informationsbeschaffung ausgeschlagen wird, dann wird eine andere Person Erbe und erledigt die Arbeit. Wenn die erste Person nach Kenntnis des positiven Nachlasssaldos dann einfach zum Gericht laufen könnte und die Ausschlagung anfechten könnte, würde das jeder so machen. Eine so ausgeschlagene Erbschaft kann in der Regel nicht wieder geholt werden.
c)
Wenn ein Erbe sich informiert und erst später unverschuldet Kenntnis erhält, dass der Nachlass überschuldet ist, bietet das Recht zwei Reißleinen: Die Anfechtung der Annahme wegen Irrtums der Schulden und die Nachlassinsolvenz. Sie werden dann zwar möglicherweise auf den Kosten des Nachlassinsolvenzverfahrens sitzen bleiben, tragen aber nicht die Nachlassschulden.
Aus diesem Grund gibt es bei Erbschaften regelhafte "Schockanrufe" mit Mitteilung der Miterben von den angeblichen hohen Schulden. Wenn Sie in dessen Folge die Erbschaft voreilig ausgeschlagen, sind Sie in der Regel raus und die anderen Erben teilen sich den werthaltigen Nachlass.
Fazit:
Die Ermittlung eines Nachlasses ohne Erbschein ist mit gewissem Geschick, Eigeninitiative und dem Brief des Nachlassgerichts möglich.
Halten Sie den Ball flach und beschränken Sie sich auf Informationsbeschaffung. Im Zweifel raten Anwälte dazu, eine unbekannte Erbschaft anzunehmen. Nehmen Sie im Zweifelsfall professionelle rechtliche Beratung in Anspruch, um sicherzustellen, dass alle Schritte korrekt und rechtlich einwandfrei durchgeführt werden.
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