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29.09.2023

Arbeitsrecht und WhatsApp-Chats


In der heutigen digitalen Ära sind private Chats und Gruppen auf Messaging-Plattformen wie WhatsApp allgegenwärtig. Doch was passiert, wenn in einer solchen privaten Chatgruppe beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Vorgesetzte und Kollegen fallen? Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) wirft Licht auf diese Frage und verdeutlicht die Konsequenzen für Arbeitnehmer, die sich in privaten Chats unangemessen verhalten.

Der Fall im Überblick

Ein Gruppenleiter Lagerlogistik eines Luftverkehrsunternehmens in Niedersachsen äußerte sich in einer WhatsApp-Chatgruppe, bestehend aus sechs langjährigen Freunden und Kollegen, in beleidigender, rassistischer, sexistischer und gewaltverherrlichender Weise über Vorgesetzte und Arbeitskollegen. Als einer der Gruppenteilnehmer den Chatverlauf weitergab und dieser schließlich dem Arbeitgeber zur Kenntnis gelangte, führte dies zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung des Arbeitnehmers.
Die Reaktion des Arbeitnehmers
Der Arbeitnehmer klagte gegen die Kündigung und berief sich darauf, dass es sich bei den Äußerungen um privaten Meinungsaustausch in einer vertraulichen Chatgruppe gehandelt habe. Sowohl das Arbeitsgericht Hannover als auch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen gaben ihm recht und erklärten die Kündigung für unzulässig. Sie argumentierten, dass die Äußerungen aufgrund der Vertraulichkeit der Kommunikation geschützt seien und der Betriebsfrieden nicht gestört wurde.
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts
Das Bundesarbeitsgericht hatte jedoch eine andere Ansicht. Es betonte, dass eine Vertraulichkeitserwartung nur dann berechtigt ist, wenn die Mitglieder der Chatgruppe den persönlichkeitsrechtlichen Schutz einer vertraulichen Kommunikation in Anspruch nehmen können. Dies hänge von der Art der Nachrichten und der Größe der Gruppe ab. Da in diesem Fall beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Betriebsangehörige ausgetauscht wurden, bedurfte es einer besonderen Darlegung, warum der Arbeitnehmer erwarten konnte, dass deren Inhalt nicht weitergegeben wird.
Die Bedeutung des Urteils
Dieses Urteil des BAG klärt die Frage, ob private Chatgruppen geschützte Räume für unangemessene Äußerungen sind. Es verdeutlicht, dass menschenverachtendes Verhalten, das öffentlich wird, arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann, selbst wenn es sich um private Chats handelt. Die Entscheidung legt auch den Fokus auf den Inhalt der Nachrichten und die Größe der Gruppe als entscheidende Faktoren für die Vertraulichkeitserwartung.

Fazit

Arbeitnehmer sollten sich bewusst sein, dass unangemessenes Verhalten in privaten Chats Konsequenzen in der Arbeitswelt haben kann. Es ist wichtig zu bedenken, dass das Vertrauen in die Vertraulichkeit von Chatgruppen nicht immer gerechtfertigt ist, insbesondere wenn beleidigende und menschenverachtende Äußerungen getätigt werden. Arbeitgeber hingegen sollten bei der Beurteilung von derartigen Fällen stets die individuellen Umstände berücksichtigen und das Urteil des BAG als Leitfaden verwenden, um angemessene Maßnahmen zu ergreifen.

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