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Betreuerbestellung trotz Vorsorgevollmacht


25.09.2023

Voraussetzungen für Betreuerbestellung trotz Vorsorgevollmacht des Betreuten

 

Hintergrund:

In dieser Gerichtsentscheidung geht es um die Frage, unter welchen Bedingungen ein Betreuer trotz vorhandener Vorsorgevollmacht für einen betroffenen Erwachsenen bestellt werden kann. Die betroffene Person, eine 78-jährige Frau (B), befand sich in einem sehr schlechten Gesundheitszustand und hatte bereits Vorsorgevollmachten an ihre Tochter (T) und ihren Enkel (E) erteilt. Aufgrund von Bedenken und innerfamiliären Spannungen bezüglich der Ausführung dieser Vollmachten beantragte das Betreuungsgericht die Bestellung eines Berufsbetreuers für verschiedene Angelegenheiten.

Gerichtsentscheidung (BGH, Beschluss vom 29. März 2023 – XII ZB 515/22):

  1. Persönliche Anhörung: Das Landgericht hatte im Beschwerdeverfahren auf die Anhörung von B verzichtet, obwohl neue Erkenntnisse vorlagen. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass die persönliche Anhörung eines betroffenen Erwachsenen in Betreuungsverfahren erforderlich ist, es sei denn, es bestehen erhebliche Nachteile für die Gesundheit oder der Betroffene kann offensichtlich seinen Willen nicht äußern.

  2. Vorsorgevollmacht: Grundsätzlich steht eine Vorsorgevollmacht einer Betreuerbestellung entgegen. Dennoch kann eine Betreuung notwendig sein, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten im Interesse des Vollmachtgebers zu regeln.

  3. Eignung des Bevollmächtigten: Das Gericht muss feststellen, ob der Bevollmächtigte die Wünsche des Vollmachtgebers erfüllen kann. Dabei sollte die Auswahl des Bevollmächtigten respektiert werden, es sei denn, es gibt stichhaltige Gründe für seine Ungeeignetheit.

  4. Kontrollbetreuung: Bei Defiziten des Bevollmächtigten kann zunächst die Anordnung einer Kontrollbetreuung in Erwägung gezogen werden, bevor ein Berufsbetreuer bestellt wird.

  5. Selbstbestimmung des Betroffenen: Wenn mehrere Bevollmächtigte unterschiedliche Ansichten haben und sich gegenseitig blockieren, sollte die Selbstbestimmung des Betroffenen gewahrt werden. Ein Kontrollbetreuer kann verbindliche Weisungen geben, um Konflikte zwischen den Bevollmächtigten zu lösen.

  6. Aufhebung der Entscheidung: Die Entscheidung des Landgerichts wurde aufgehoben, da sie rechtliche Mängel aufwies und weitere Feststellungen erforderlich sind.

 

Fazit:

Diese Gerichtsentscheidung unterstreicht die Bedeutung der persönlichen Anhörung in Betreuungsverfahren und die Achtung der Selbstbestimmung des Betroffenen, selbst wenn Vorsorgevollmachten vorhanden sind. Es wird betont, dass die Eignung des Bevollmächtigten und die Möglichkeit einer Kontrollbetreuung sorgfältig geprüft werden müssen, bevor ein Berufsbetreuer bestellt wird. Dies dient dem Schutz der Interessen und des Wohlbefindens des betroffenen Erwachsenen.

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