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Wann erben Nichten und Neffen?


09.01.2025

Wann erben Nichten und Neffen?

In Deutschland regelt das Erbrecht, wer im Todesfall das Vermögen eines Verstorbenen (Erblassers) erhält. Doch wann kommen Nichten und Neffen als Erben infrage? Hier kommen zwei Alternativen in Betracht.

Die Erbfolge

Nach deutschem Erbrecht sind letztwillige Verfügungen (Testamente und Erbverträge) vorrangig. Nur wenn kein Testament oder Erbvertrag die sogenannte "gewillkürte" Erbfolge regelt, dann greift die "gesetzliche" Erbfolge.

Gewillkürte Erbfolge

Die einfachere Antwort auf die Frage, wann Nichten und Neffen erben, lautet: Wenn der Erblasser sie im Testament oder einem Erbvertrag bedacht hat.
Beispiel:
Ein Erblasser hinterlässt ein formwirksames Testament in welchem steht: Meine Nichte Maxi und mein Neffe Max sind meine Erben zu je 1/2.

Die gesetzliche Erbfolge

Wenn dies nicht der Fall ist, dann können Nichten und Neffen nur nach der gesetzlichen Erbfolge erben. Die gesetzliche Erbfolge ist in den Paragrafen 1924 bis 1936 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Sie bestimmt die Reihenfolge der Erben anhand von Ordnungen:
  1. Erste Ordnung: Kinder und Enkelkinder des Verstorbenen.
  2. Zweite Ordnung: Eltern des Verstorbenen und deren Abkömmlinge (Geschwister, Nichten und Neffen).
  3. Dritte Ordnung: Großeltern und deren Abkömmlinge.
Nichten und Neffen gehören zur zweiten Ordnung. Sie treten an die Stelle ihrer verstorbenen Eltern (also der Geschwister des Erblassers), wenn diese nicht mehr leben.
Voraussetzungen für Nichten und Neffen als Erben
Nichten und Neffen erben gesetzlich daher nur unter bestimmten Voraussetzungen:
  1. Keine Erben der ersten Ordnung: Leben keine Kinder oder Enkelkinder des Erblassers, tritt die zweite Ordnung in Kraft. Denn die erste Ordnung schließt die nachfolgende Ordnung sonst aus § 1930 BGB.
  2. Vorversterben der Eltern:
    1. Damit Nichten und Neffen erben, muss das mit dem Erblasser verwandte Elternteil von Neffe und Nichte – also der Bruder oder die Schwester des Erblassers – bereits verstorben sein oder die Erbschaft ausschlagen.
    2. Zudem muss auch ein oder beide Elternteile des Erblassers selbst bereits verstorben sein oder die Erbschaft ausschlagen.
    3. Denn ansonsten stünden diese Personen vor Nichte und Neffe in der Erbordnung und würden diese ausschließen.
  3. Gleichrangigkeit unter den Erben: Leben mehrere Geschwister oder deren Nachkommen, wird die Erbschaft unter diesen aufgeteilt.
Beispiel:
Ein Erblasser hinterlässt kein Testament und keine Abkömmlinge (Kinder, Enkel, Urenkel etc.). Seine Eltern sind bereits verstorben, ebenso sein Bruder. Der Bruder hinterlässt jedoch zwei Kinder (die Nichten des Erblassers). In diesem Fall erben die beiden Nichten zu gleichen Teilen das Vermögen.

Erbrechtliche Besonderheiten

  • Pflichtteil: Nichten und Neffen haben keinen Pflichtteilsanspruch. Dieser steht nur Erben der ersten Ordnung, dem Ehepartner und wenn es keine Abkömmlinge gibt den Eltern des Verstorbenen zu.
  • Enterbung: Wurden Nichten und Neffen in einem Testament ausdrücklich enterbt, erben sie nicht.

Fazit:

Nichten und Neffen erben entweder durch Testament oder, wenn keine Erben der ersten Ordnung vorhanden sind und ihr Elternteil, und ein Elternteil des Erblassers, bereits verstorben ist. Es lohnt sich jedoch, frühzeitig einen Anwalt für Erbrecht zu konsultieren, um sicherzustellen, dass die eigenen Wünsche rechtlich einwandfrei umgesetzt werden können.
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